Am 01.08.2022 ist das Gesetz zur Umsetzung der europäischen Digitalisierungsrichtlinie – kurz: DiRUG – in Kraft getreten, das einige der seit Jahrzehnten etablierten Arbeitsabläufe innerhalb von Gesellschaften sowie zwischen Gesellschaftern, Anwälten, Notaren und den Handelsregistern erheblich verändern wird. Der Anwendungsbereich der Richtlinie ist darüber hinaus durch das jüngst verabschiedete DiREG (Gesetz zur Ergänzung der Regelungen zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie) mit zeitlich gestaffelter Wirkung ab August 2022/2023 noch erweitert worden. Die beiden Gesetze bewirken eine Ausweitung von Online-Verfahren für Gesellschaften, die sowohl die Online-Beglaubigung von Registeranmeldungen als auch die digitale GmbH-Gründung betreffen, beinhalten aber auch Neuregelungen zur Registerpublizität und zum notariellen Verfahren im Allgemeinen.

Der Umfang und die Regelungstiefe dieser überfälligen Digitalisierung im Gesellschaftsrecht soll hier nicht im Detail dargestellt werden, stattdessen werden einige der Veränderungen skizziert.

  1. Onlinegründung der GmbH – mit Einschränkungen

Seit 01.08.2022 besteht durch das DiRUG nun die Möglichkeit, eine GmbH oder eine UG online zu gründen, von der gemäß Fachpresse bereits Gebrauch gemacht wurde. Die Möglichkeit der Online-Gründung ist derzeit noch auf die GmbH beschränkt und gilt nicht für andere Rechtsformen.

Sog. Sachgründungen bei GmbHs, bei denen das Kapital nicht in Form von Geld, sondern per Übertragung von Wirtschaftsgütern oder Forderungen aufgebracht wird, wurden zunächst vom DiRUG zwar noch nicht erfasst, werden aber durch das DiREG künftig ebenfalls
ermöglicht, da der Anwendungsbereich einer „Beurkundung mittels Videokommunikation“ des § 2 Abs. 3 GmbHG ab August 2023 auch auf Sachgründungen ausgeweitet wird, sowie ferner auf:

  • Satzungsändernde GmbH-Gesellschafterbeschlüsse, die einstimmig gefasst werden, einschließlich Kapitalerhöhungen oder Herabsetzungen, soweit keine weiteren Beurkundungserfordernisse ausgelöst werden (§ 53 Abs. 3, § 2 Abs. 3 GmbHG-E);
  • Regelungen zur Zwangsabtretung von GmbH-Anteilen in der GmbH-Satzungen;
  • Notariell beurkundete Erklärungen zur Übernahme neuer GmbH-Geschäftsanteile nach Kapitalerhöhung (§ 55 Abs. 1 S. 2 GmbHG-E).

Ausgenommen bleiben aber weiterhin Sachgründungen unter Einbringung von Gegenständen, deren Übertragung ihrerseits beurkundungspflichtig ist (z.B. Grundstücke oder GmbH-Anteile), da das Online-Verfahren für diese Beurkundungsgegenstände nicht zugelassen wird.

  1. Videoplattform / elektronische Urkundensammlung

Die Notare verwenden für elektronische Beurkundungen eine gesonderte Videoplattform. Die hierzu erforderliche Infrastruktur, die die technische Abwicklung der Videokommunikation zwischen den Notaren und den Beteiligten, die technische Durchführung eines elektronischen Identitätsnachweises, das Auslesen des elektronischen Indentifizierungsmittels sowie das Erstellen einer qualifizierten elektronischen Signatur umfasst, stellt die Bundesnotarkammer zentral zur Verfügung. Soweit Online-Beurkunden gestattet sind, werden die Identifizierung der Parteien, Vollmachten und Signaturen an den elektronischen Ablauf angepasst. Urkunden werden in ein elektronisches Urkundenarchiv des Notars eingestellt.

  1. Eintragungen und Einreichungen zum Handelsregister

Auch die Anmeldung zum Handelsregister (§ 12 HGB) kann nun im Wege der öffentlichen Beglaubigung mittels Videokommunikation durch Beglaubigung einer qualifizierten elektronischen Signatur vorgenommen werden (§ 40a BeurkG).

Der Abruf aus dem Handelsregister ist seit dem 01.08.2022 für jedermann ohne Registrierung und kostenfrei möglich!

  1. Online-Beglaubigungen auch für Personengesellschaften

Durch das DiREG wird die Online-Beglaubigung auch auf AGs und Personengesellschaften (OHG; KG, GmbH & Co. KG, PartG und ab 2024 auf die eGbR) erweitert. Die Online-Beglaubigungen ersparen den Beteiligten den physischen Gang zum Notar, um etwa die Änderung der Geschäftsanschrift, einen Geschäftsführerwechsel oder einen KG-Gesellschafter-wechsel und vergleichbare Routinevorgänge zum Handelsregister anzumelden.

  1. GmbH-Gesellschafterversammlung per Telefon oder Video allgemein zulässig

GmbH-Gesellschafterversammlungen können seit Neuestem auch ohne ausdrückliche Gestattung im Gesellschaftsvertrag telefonisch oder per Videokommunikation abgehalten werden, wenn alle Gesellschafter einverstanden sind (§ 48 Abs. 1 S. 2 GmbHG neu). Eine solche Zusammenschaltung gilt als Gesellschafterversammlung.

Fazit: Die Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie durch das DiRUG und das DiREG kann in diversen Konstellationen den Gang zum Notar ersparen. Trotz allem bleibt es dabei, dass auch online durchgeführte Notartermine sorgfältig vorbereitet werden müssen. Bei Fragen zum neuen Online-Verfahren sprechen Sie uns gerne an.

 

Stand: 16.08.2022

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Dr. Sandro Ulrici | Rechtsanwalt

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